Dr. Christian Harisch
101 ICON Hotelier of the World – Lifetime Achievement Award 2022
Schon im Jahr 1984 war der Lanserhof im österreichischen Lans das erste Medical Health Resort weltweit. Die konzeptionelle Federführung lag von 1984 bis 2012 bei Prof. Andreas Wieser. Der Vision von Dr. Christian Harisch ist es zu verdanken, dass aus diesen Anfängen eine der grössten Gruppen von Medical Health Resorts entstanden ist. Sukzessive kamen weitere Standorte hinzu, als erster in Deutschland eine Niederlassung in Hamburg, dann der bahnbrechende Lanserhof Tegernsee und als letzte Neueröffnung der ebenso spektakuläre Lanserhof Sylt im Jahr 2022. Mitte Oktober 2024 erfolgte der erste Spatenstich für das neue Gesundheitsresort Lanserhof Marbella – ein weiterer Meilenstein in der Mission des Lanserhofs, den globalen Standard für Longevity und ganzheitliche Gesundheit zu setzen. Dank der einzigartigen Herangehensweise von Dr. Christian Harisch bestechen alle Lanserhof Häuser zudem mit herausragenden architektonischen, ästhetischen und atmosphärischen Annehmlichkeiten.
„Wenn du etwas wirklich willst, dann schaffst du es auch.“
Alles begann 1998 mit dem Erwerb des Lanserhofes in Lans in Tirol. Dass dies der Grundstein für eine herausragende Hoteliers- und Unternehmergeschichte sein würde, war damals noch nicht absehbar. Heute zählen das Stammhaus in Lans, das Lans Medicum in Hamburg, der Lanserhof am Tegernsee, der Lanserhof At The Arts Club und der neu eröffnete Lanserhof auf Sylt zum Unternehmensimperium. Der Lanserhof ist laut Harisch ein »Wegbereiter für die Medizin der Zukunft«; ein »Bentley unter den Regenerationstherapien« schreibt die Welt, eine »Abspeck-Klinik für die Reichen und Schönen« titelt die Süddeutsche.
Die Hotellerie liegt Harisch im Blut: Seine Kitzbüheler Hoteliersfamilie betreibt bis heute das Fünf-Sterne-Hotel Weisses Rössl und das Vier-Sterne-Hotel Schwarzer Adler. Seit über 100 Jahren ist dieses Haus im Familienbesitz. Im heimatlichen Betrieb stand Harisch bereits in der Küche und half beim Abspülen. Sein Herz schlägt bis heute für die Dienstleistung, obwohl er nach seiner Ausbildung zum Touristikkaufmann Jura studierte und promovierte. Die Hospitality ließ ihn zum Glück für seine Gäste und die deutsche Hotellerie nie los.
Weitsicht und Mut charakterisieren seine unternehmerische Tätigkeit. Er gibt die Richtung in seinen Teams vor und respektiert gleichzeitig die Individualität jedes Einzelnen. Wer Außergewöhnliches erreichen will, braucht schließlich auch außergewöhnliche Menschen, mit denen er zusammenarbeitet. Eine Gratwanderung, die in der gehobenen Hotellerie nicht jedem gelingt. Als CEO international tätiger Unternehmen hat er wenig Zeit, um sich persönlich um seine Gäste zu kümmern. Wann immer er in einem seiner Häuser ist, lässt er es sich allerdings nicht nehmen, sich unter die Gäste zu mischen.
Der Unternehmer scheut sich nicht vor Veränderungen, die ein fester Bestandteil der Tourismusbranche sind. Weitere Expansionen sind für den Visionär das Tagesgeschäft. So sanierte er beispielsweise die Bar im Schwarzen Adler, die über 19 Jahre lang erfolgreich geführt wurde.
Sein Augenmerk legt er dabei immer auf die Wünsche des Gastes. Was nicht passt, wird passend gemacht. Selbst bei kleinen Details wie den Rollen seines Pianos: Der Steinway-Konzert-Flügel im Lanserhof Tegernsee hatte ursprünglich goldene Rollen, die Markenzeichen des Herstellers. Diese passten allerdings nicht in das Farbkonzept des Lanserhofes. Letztlich wurden sie in Dunkelbronze umgefärbt – nun steht dieses weltweite Unikat den weltbesten Pianisten am Tegernsee zur Verfügung, wenn sie den Lanserhof besuchen.
Sein Unternehmertum beschreibt der begeisterte Radsportler als »cardio-orientiert«. Geschwindigkeit und Ausdauer seien für den Erfolg wichtig, der ein Marathon in der Hotellerie ist. Kein Sprint. Apropos Geschwindigkeit: Wie zelebriert der Workaholic seine Auszeiten? Bei einer Kur im Lanserhof, antwortet er meist mit einem Lächeln auf die häufig gestellte Frage von Journalisten.
„Wir lernen jeden Tag dazu.“
Das nachfolgende Interview stammt aus dem Jahr 2022 – dem Jahr, in dem Dr. Christian Harisch als "ICON Hotelier of the World" ausgezeichnet wurde. Es bietet einen Rückblick auf ein Gespräch mit dem Unternehmer zur Eröffnung des Lanserhof Sylt, über das Bauen in herausfordernden Zeiten, Naturverbundenheit, architektonische Visionen – und ein Reetdach mit besonderen Bewohnern.

Die Eröffnung des Lanserhofes auf Sylt musste mehrfach verschoben werden. Was waren die Hauptgründe?
Es gab zwei. Der erste war eine komplette Fehleinschätzung meinerseits. Ich dachte, durch die Pandemie würde es zu einem wirtschaftlichen Rückschlag kommen und die Preise bei den Handwerkern würden sinken. Das genaue Gegenteil ist passiert. Es gab einen unglaublichen Bauboom, Handwerkerverfügbarkeiten sanken, Preise stiegen dramatisch. Das war auch grundlegend dafür, dass das Projekt teurer wurde.
Und der zweite Grund?
Das war und ist die Problematik der Lieferketten. In unserem Haus am Tegernsee haben wir als Beispiel raumhohe Spezialtüren. Die sehen super aus, haben aber aktuell eine Lieferzeit von sechs Monaten. Das zieht sich auch beim Lanserhof Sylt von einem Teil ins andere. Wir haben zwar eine sehr anspruchsvolle und komplexe Architektur, aber manchmal betrifft es auch die kleineren Teile. Für den Shop beispielsweise wurde statt eines glatten Blechs ein Lochblech geliefert. Ein einfacher Fehler, der passieren kann. Bis dann aber das richtige Teil kommt, dauert es Wochen. Es ist ein Wahnsinn.
Beim Thema Lieferketten denkt man gleich an Chips. Wie stark waren Sie mit Ihrer ausgeklügelten Architektur davon betroffen?
Darunter leiden wir noch immer. Für die Steuerung von Energie, Elektrik oder Lüftung braucht man Chips und die sind nicht geliefert worden. Ein kleines Unternehmen wie wir ist natürlich nicht der prioritäre Kunde, im Gegensatz zu Porsche, Mercedes oder VW. Ich könnte diese Geschichte endlos fortsetzen.
Vielleicht um das Thema »Bauen auf Sylt«? Es gibt in Deutschland sicher einfacher zu bebauende Flächen.
Stimmt. Beim Diagnostikzentrum unten auf der Meerebene hatten Experten die Messungen des Grundwassers falsch eingeschätzt. Es befand sich mehr Trinkwasser beziehungsweise Süßwasser im Boden als angenommen. Unsere Idee war, ein Loch zu graben, das Wasser herauszupumpen und es am eigenen Grund zu versickern. Das haben wir getan. Aber es ist nicht versickert, sondern stand zwei Tage später wieder im Loch.
Diese Idee fiel also aus?
Es gab zudem noch die Problematik mit dem Deckwerk, das die Küste sichert. Wenn man dahinter ein Loch gräbt, kann es an Festigkeit verlieren. Wir dachten uns dann, dass wir das Wasser einfach ins Meer leiten. Im Verhältnis ist das ja keine Menge. Dann hieß es, dass das Wattenmeer Weltkulturerbe sei, dass man den Naturschutz beachten müsse und so weiter. Ich sagte dann, dass wir ja nicht irgendetwas einleiten, sondern sauberes Wasser. Es gab endlose Diskussionen. Am Ende durften wir eine bestimmte Menge einleiten. Der ganze Prozess hat ein Jahr gedauert.
Das heißt, Sie wollten eigentlich im Frühjahr 2021 eröffnen?
Ursprünglich hatten wir geplant, Ende 2020 oder Anfang 2021 aufsperren zu können. Wir waren also praktisch ein deutliches Jahr verspätet. Wir sind auch jetzt noch nicht so fertig, wie wir normalerweise einen Lanserhof fertig haben, wenn wir ihn eröffnen. Das gesamte Jahr 2022 wird uns sicher noch beschäftigen. Wir lernen jeden Tag dazu, wir sind mit dieser komplett natürlichen Bauweise noch unerfahren. Und man lernt hier die Vorteile, aber auch die Nachteile der Natur kennen. Als Beispiel kann der Sand angeführt werden. Das Dünengras wächst langsam, bis dahin ist der Sand bei Wind und Sturm sehr schwer zu beherrschen.
Was haben Sie über Reet gelernt? Das Dach des Lanserhofes soll das größte zusammenhängende Reetdach seiner Art in Europa sein.
Im Reet sitzen Reetläuse. Man könnte ein solches Dach sicherlich chemisch behandeln, dann sind die Läuse tot. Das ist für uns keine Option. Wenn man das also nicht macht, hat man eben eine Zeit lang Reetläuse im Dach. Dann kommt ein Gast und findet alles super und dann fällt eine Reetlaus aus dem Dach.
Da braucht es offenbar auch bei den Gästen viel Verständnis.
In der ganzen Naturdiskussion muss man auch ein bisschen nachdenken. Materialien sind noch nicht so haltbar und funktionieren nicht so perfekt wie mit Chemie und Plastik. So ein Reet- oder Strohdach ist sicher das natürlichste Dach, das man bauen kann. Aber es gibt keine Dachrinne und Holz knackst, bewegt sich mehr als ein Stahlträger. Wir sind aber überzeugt, dass natürliches und nachhaltiges Bauen für uns absolut richtig und der einzige Weg ist.
All die beschriebenen Problematiken haben sicher auch den Invest erhöht. Immerhin gilt der Lanserhof Sylt als das teuerste Hotel Deutschlands.
Wir wussten schon vor zwei Jahren, dass es teurer wird, das überrascht uns nicht. Was man bei all diesen Themen wie Glasfassade, Sand, Wind, Reet, keine Dachrinne und Wasserproblematik nicht vergessen darf: Wenn man dann in diesem Gebäude sitzt und sich wie in einem Glashaus fühlt, oder anders ausgedrückt, im Grunde in der Düne mit Sonne, Sturm, Regen und Gewitter drumherum sitzt, ist das einzigartig. Das muss man nur erkennen. Ich weiß nicht, ob alle Gäste das wertschätzen oder überhaupt wollen. Aber für uns ist es so faszinierend, dass wir sagen: Der gesamte Aufwand war richtig und lohnt sich.
Eine solche Atmosphäre muss man schaffen können. Sie haben mit dem Stararchitekten Christoph Ingenhoven zusammengearbeitet. Haben Sie vorher schon etwas mit ihm gebaut?
Ja, klar, eigentlich alles. Schon in Lans, am Tegernsee und in London.
Ingenhoven gilt als nicht einfach, die Zusammenarbeit mit ihm klappt also?
Ich glaube, dass wir ein sehr gutes Team sind. Christoph hat ein unglaubliches Gespür für Architektur, Räume, für Proportionen. Aber er ist natürlich kein Gastronom. Ich komme dagegen von der Gastsicht. Er plant grundsätzlich keine Restaurants, Speisesäle oder Lobbys, sondern Hochhäuser, Bahnhöfe, Bürohäuser oder begrünte Fassaden. Aber hier geht es um ein spezielles Haus der Gesundheit mit einer WWohlfühlatmosphäre.
Wo waren Sie denn in der Vergangenheit unterschiedlicher Auffassung?
Er wollte zum Beispiel am Tegernsee auch innen eine Glasfassade machen, das hätte sicher cool ausgesehen. Ich sagte ihm, dass wir das nicht machen können. Wenn der Gast aus dem Zimmer geht, will er nicht, dass er gesehen wird. Das ist in einem Bürohaus natürlich ganz anders. Wir haben dann einen Kompromiss gefunden. Ein anderes Beispiel: Sein Team wollte auf Sylt in der Garage eine Decke abhängen, ich wollte sie offenlassen. Und dann sagte Christoph: Eigentlich hat Christian recht, lassen wir es offen. Das war gegen die Überlegungen seines eigenen Architektenteams. Ich könnte Ihnen tausend Sachen erzählen. Wir haben also offene Diskussionen in vielen Bereichen, die sehr fruchtbar sind. In der Regel mache ich zehn Vorschläge, wobei Christoph jene zwei auswählt, die auch sinnvoll sind. Aber die Gesamtarchitektur und die Bereiche, die letztendlich das Gebäude einzigartig erscheinen lassen, kommen von ihm allein.
Haben Sie bereits ein weiteres Projekt in der Pipeline? Gibt es Überlegungen?
Meine ganze Konzentration und Arbeit im Jahr 2022 ist darauf gerichtet, Sylt fertigzustellen. Fertig heißt für uns: ein mangelfreier Betrieb. Wir haben ein großartiges Team, aber es ist wie bei einem Orchester, das man zusammenstellt. Bis alle zusammenspielen, dauert es eben ein bisschen. Das ist auch ein Teil des Lernprozesses, dass Dinge manchmal einfach länger dauern, vor allem derzeit. Die Frage ist: Ist das so schlimm? Wir bauen ein Gebäude, das auf eine Lebensdauer von hundert Jahren ausgerichtet ist. Und wenn es ein paar Monate lang Probleme gibt, dann ist es eben so. Wenn wir das gut über die Bühne bringen, dann zieht es uns vom Norden in den Süden.
Geht das auch konkreter?
Nur so viel: Es würde das Mittelmeer sein.